Hellas Channel by Petros Markaris

Hellas Channel by Petros Markaris

Autor:Petros Markaris
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-12-01T23:00:00+00:00


24

In der linken Hand halte ich das Croissant, während ich mit der rechten fieberhaft schreibe. Ich möchte meinen Bericht rechtzeitig an Gikas schicken, bevor ich vom Dienst suspendiert werde und man mir feierlich meine Versetzung in eine Polizeidienststelle in irgendeinem Vorort mitteilt. Ich hatte mir vorgenommen, mich mit nichts anderem abzugeben. Doch ich hatte die Rechnung ohne Thanassis gemacht, der auf mich wartete wie jeden Morgen.

»Zieh Leine, ich hab zu tun«, sage ich harsch, um ihn abzuschütteln.

Doch er rührt sich nicht vom Fleck. Und nicht nur das. Heute hat er nicht einmal seinen üblichen Wichserausdruck im Gesicht.

»Wir sind mit Kolakoglou vorangekommen.«

Das steckt also dahinter. Hätte er es mir gestern gesagt, hätte ich mich gefreut und ihn mit ein paar netten Worten bedacht. Heute morgen jedoch wachte ich mit dem festen Entschluß auf, mich aus dem Fall zurückzuziehen. Ich war zu der Überzeugung gelangt, daß er mich nichts mehr anging. Sollte sich doch Gikas ein Bein ausreißen und zusehen, wie er als Alleinverantwortlicher damit zurechtkam. Andererseits will ich keinen Anlaß zu vorgreifenden Kommentaren liefern und frage aus rein formellem Interesse:

»Inwiefern vorangekommen?«

»Man hat ihn gestern abend, gegen Mitternacht und in Begleitung eines anderen Typen, in einer Bar in der Michail Voda-Straße gesehen. Der Inhaber erkannte ihn und rief die Funkstreife, aber bis der Einsatzwagen eintraf, waren sie bereits weg.«

»Na, siehst du, hab ich’s doch gesagt, daß er sich in Athen aufhält?« Wenn es von allen Seiten Backpfeifen regnet, dann bietet selbst eine solch unbedeutende Genugtuung Trost.

»Der Barbesitzer kennt den anderen Typen. Er heißt Sourpi und ist in einschlägigen Kreisen wohlbekannt. Mal betätigt er sich ein wenig als Hehler, mal als Wucherer. Der Barbesitzer weiß zwar nicht, wo Sourpi wohnt, doch er scheint ab und zu bei ihm vorbeizukommen, um sich eines der dort arbeitenden Mädchen aufzugabeln. Ich werde sofort jemanden von uns in die Bar abkommandieren. Sobald er einen der beiden sieht, schnappt er zu.«

»Schön. Schreib einen Bericht über das Ganze.«

»Bericht?«

Er erwartete ein Lob von mir, doch mir geht es einzig und allein um die Rechtfertigung meines Vorgehens. Ich werde seinen Bericht zusammen mit meinem eigenen an Gikas schicken, damit er erkennt, daß ich nicht auf Petratos fixiert bin, sondern auch weiterhin nach Kolakoglou fahnde. Ich möchte, daß er einsieht, daß er mir unrecht getan hat. Darüber hinaus kann er tun und lassen, was ihm beliebt. Thanassis blickt mich nach wie vor verdutzt an. Etwas liegt ihm auf der Zunge, doch er schluckt es hinunter und verläßt mein Büro.

Lustlos, mehr aus Gewohnheit, beiße ich in mein Croissant und schreibe weiter. Ich frage mich, ob ich in der Gegend, in die sie mich verbannen werden, überhaupt Croissants vorfinden werde oder ob ich mich mit einfachen Käsedreiecken werde begnügen müssen. Wahrscheinlich wird Adriani gezwungen sein, mir Stullen zu schmieren, die ich dann in Alufolie verpackt mit zur Arbeit bringen werde.

Als ich gestern nach Hause kam, stellte sie sich schlafend. Ich fand jedoch den Tisch gedeckt und das Essen vor sich hin köchelnd vor. Auch eine Art, mir zu zeigen, daß sie sich, obgleich wir zerstritten sind, um mich sorgt.



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